Das folgende Interview ist am 30.12.2020 auf der Webseite von weltwaerts.de erschienen.
Der Verein Friends of Ruanda hat die Entsendung von Freiwilligen nach Ruanda wieder aufgenommen. Für fünf Freiwillige ging es am 9. Dezember 2020 nach Ruanda. Dort werden sie ein Jahr lang unterschiedliche Projekte unterstützen. Vorab erzählen sie, worauf sie sich am meisten freuen, was ihre Bedenken sind und wie Freunde und Familie auf ihre geplante Ausreise reagiert haben. Michael Liebler, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Friends of Ruanda, berichtet außerdem, was den Verein zu einer Ausreise 2020 bewogen hat und welche Maßnahmen vorab getroffen wurden.
Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewogen? Welche Schritte haben Sie unternommen, bevor Sie diese Entscheidung getroffen haben?
Michael Liebler: Die Entsendung von Freiwilligen war das ganze Jahr über sehr ungewiss und hing von einer Vielzahl von Kriterien ab, die wir ständig im Blick behalten mussten. Da wir bei Friends of Ruanda zutiefst vom Sinn dieses entwicklungspolitischen Lerndienstes überzeugt sind, haben wir die Bedingungen kritisch geprüft und das Ergebnis Engagement Global zur Gegenprüfung gegeben. Hilfreich war, dass wir am Einsatzort sehr gut vernetzt sind und dadurch ständig Informationen aus erster Hand über die aktuelle Lage hatten. Zudem reisten einige unserer ehemaligen Freiwilligen ab August auf eigene Initiative nach Ruanda und konnten uns sowohl über die Einreisebedingungen als auch über die Situation bei den Partnern detailliert informieren. Der Austausch mit den neuen Freiwilligen war in dieser Situation auch intensiver als sonst. Eine Menge an zusätzlichen Informationen mussten weitergegeben werden. Gut war, dass Friends of Ruanda drei vorbereitende Präsenzseminare abhalten konnte. Das resultierende Gesamtbild gab uns die Gewissheit, dass eine Entsendung derzeit möglich und sinnvoll ist.
Leider ist ein Großteil der Bevölkerung durch die Covid-19 Maßnahmen in starke wirtschaftliche Bedrängnis geraten. Für unsere Partner ist es auch ein kleiner Lichtblick, dass wieder weltwärts-Freiwillige einreisen werden.
Wie ist die Situation in Ruanda in Bezug auf Corona?
Michael Liebler: Die ruandische Regierung hat sehr restriktive Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie ergriffen und diese Maßnahmen auch rigide durchgesetzt. Entsprechend niedrig sind die Fallzahlen und das obwohl für afrikanische Verhältnisse viel getestet wird. Das führte dazu, dass das Auswärtige Amt Ruanda bis heute nicht als Covid-19 Risikogebiet einstuft. Mittlerweile sind die schärfsten Maßnahmen, wie inner-ruandische Reisebeschränkungen, Schließung der Schulen und Universitäten und eine fast totale Ausgangssperre wieder aufgehoben. Leider ist ein Großteil der Bevölkerung durch die Covid-19 Maßnahmen in starke wirtschaftliche Bedrängnis geraten. Für unsere Partner ist es auch ein kleiner Lichtblick, dass wieder weltwärts-Freiwillige einreisen werden.
Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um die Entsendung von Freiwilligen sowohl für die Freiwilligen selbst als auch für die Menschen vor Ort sicher zu gestalten?
Michael Liebler: Wir haben uns zunächst das Hygienekonzept erklären lassen und dann unseren Partnern finanzielle Hilfen für die Ausstattung mit Gesichtsmasken und Desinfektionsmitteln zur Verfügung gestellt. Da die Freiwilligen selbst zwei Covid-19 Tests vor und während der eigentlichen Einreise absolvieren müssen, ist praktisch ausgeschlossen, dass sie Covid-19 nach Ruanda mitbringen.
Fünf Freiwillige gehen weltwärts mit Friends of Ruanda
Mit welchem Gefühl starteten die Freiwilligen ihren weltwärts-Freiwilligendienst? Was sind ihre Sorgen und worauf freuen sie sich besonders? Wie reagierte außerdem ihr Umfeld auf ihre Pläne? Einige Tage vor der Ausreise am 9. Dezember 2020 erzählten Deborah, Leonie, David, Lucas und Sebastian von ihren Gedanken zu ihrem Freiwilligendienst in Ruanda.
Deborah Sieger hat 2019 ihr Bachelorstudium der Sozialen Arbeit abgeschlossen und wird in Ruanda die Frauenkooperative Iya Mbere Mwana unterstützen.
Deborah Sieger (26 Jahre): Bedenken zu erkranken habe ich keine. Die Risiken in Ruanda sind dafür deutlich geringer als hier in Deutschland. Allerdings fallen auch die Maßnahmen zur Vorbeugung der Erkrankung in Ruanda deutlich strenger aus als in Deutschland. In der gesamten Öffentlichkeit gilt Maskenpflicht, die Landesgrenzen sind geschlossen für Ein- oder Ausreisen und es gilt eine Ausgangssperre von 22 bis 6 Uhr. Meine einzige Sorge dahingehend ist, dass die Bedingungen die Kultur und Menschen kennenzulernen dadurch etwas erschwert wird. Ich denke trotzdem, dass wir einen tiefen Einblick in das Land und seine Leute bekommen werden und dass sich auch trotz Pandemie Freundschaften entwickeln können. Meine Familie und Freunde sind übrigens allesamt von meinem Vorhaben begeistert und unterstützen mich wo sie nur können. Sie machen sich ausschließlich Sorgen darüber, dass sie mich aufgrund der Pandemie eventuell nicht während der Zeit des Freiwilligendienstes in Ruanda besuchen können.
Ich bin auf viel Verwunderung gestoßen und obwohl es viele Bedenken gibt, freuen sich alle umso mehr, dass es mit dem Freiwilligendienst doch klappen wird.
Leonie Husar hat ihr Abitur gemacht und ist gemeinsam mit Deborah in einem Projekt.
Leonie Husar: […] Ich bin sehr dankbar, dass „Friends of Ruanda“ uns die Chance gibt trotz Corona Auslandserfahrungen zu sammeln. Die Reaktionen von Freunden und Familie haben mir gezeigt, dass die Pandemie noch mehr Sorgen in Bezug auf meine Reise ausgelöst hat. Außerdem sind wenige davon ausgegangen, dass mein Einsatz trotz der Umstände stattfinden wird. Ich bin auf viel Verwunderung gestoßen und obwohl es viele Bedenken gibt, freuen sich alle umso mehr, dass es mit dem Freiwilligendienst doch klappen wird.
David Eckle hat 2020 sein Abitur gemacht und wird in dem Straßenkinderprojekt Soul of Ruanda tätig sein.
David Eckle: Natürlich kann es in einem Land wie Ruanda schnell zu politischen Unruhen kommen und durch die Corona Pandemie wird dieses Risiko zusätzlich verstärkt. Am Ende siegt allerdings doch die Neugier und Abenteuerlust über die Sorge.
Lucas Grunert wird gemeinsam mit Sebastian Bolle an einem College die Lehrkräfte im Unterricht und der Nachmittagsbetreuung unterstützen.
Lucas Grunert: Dem Covid-19 Virus in Ruanda stehe ich nicht ängstlich gegenüber, da es aktuell nur 5.500 Infizierte gibt. Mehr Sorgen bereiten mir die strengen Regeln zur Eindämmung der Corona Pandemie, da es eine Ausgangssperre von 22 – 5 Uhr morgens gibt und es somit schwer wird neue Personen z.B. abends in einer Bar kennenzulernen. Auch das ständige Tragen einer Maske erschwert natürlich das Lesen der Mimik in einem neuen Land mit einer – für mich – fremden Kultur. Natürlich sind diese Punkte nachvollziehbar und auch zwingend notwendig, also nur ein kleiner Makel, anstatt einer Angst.
Allerdings glaube ich, dass wir als einzige Freiwillige in diesem Jahr eine besondere Verantwortung haben. Außerdem sind ehrenamtliche Projekte in einer Krise besonders sinnvoll.
Sebastian Bolle: Die Pandemie macht mir nur sehr wenig Sorgen, da die Schule zum Schuljahresbeginn ein ausführliches Hygienekonzept vorlegen musste und da Ruanda die Pandemie bisher vorbildlich gemeistert hat. Allerdings glaube ich, dass wir als einzige Freiwillige in diesem Jahr eine besondere Verantwortung haben, außerdem sind Ehrenamtliche Projekte in einer Krise besonders sinnvoll. Der größte Teil meines Umfeldes hatte nicht mehr an eine Ausreise geglaubt, ich kenne aber niemanden, der wegen Corona seine Meinung zu meinem Freiwilligendienst geändert hat. Ich persönlich freue mich, dass ich Ausreisen kann und mich trotz Corona mit Leuten aus anderen Kulturen austauschen kann.